Das Anerkennungsgesetz des Bundes – Inhalt und Intention
Das Anerkennungsgesetz des Bundes ist am 01. April 2012 in Kraft getreten. Es umfasst das Bundesgesetz „Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz“ im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, sowie Regelungen zur Anerkennung von Berufsqualifikationen in rund 60 bundesrechtlichen Berufsgesetzen und Verordnungen für die reglementierten Berufe. Auf Grundlage dieses Gesetzes besteht für alle Personen mit einem im Ausland erworbenen Berufsabschluss erstmals ein Rechtsanspruch auf eine Überprüfung auf Gleichwertigkeit der ausländischen Berufsqualifikation mit einem deutschen Berufsabschluss. Am 18. Januar 2016 trat das Berufsqualifikationsfeststellungs-Änderungsgesetz in Kraft, dass die Umsetzung der Novellierung der EU-Berufserkennungsrichtlinie von 2013 in deutsches Recht zum Ziel hatte.
Ziele
Ziel des Gesetzes ist vor allem die Sicherung des Fachkräftebedarfs in Anbetracht des demografischen Wandels und des daraus resultierenden Mangels an qualifizierten Arbeitskräften. Hierzu sollen vor allem vorhandene Qualifikationspotentiale von Zuwanderinnen und Zuwanderern nach Deutschland besser erschlossen werden. Diese arbeiten häufig unterhalb ihrer Qualifikation, weil die Berufsabschlüsse ihrer Heimatländer in Deutschland nicht anerkannt wurden. Damit soll das Anerkennungsgesetz auch zur Beförderung der qualifikationsadäquaten Integration in den deutschen Arbeitsmarkt dienen. Zu diesem Zweck wurden Strukturen und Verfahren zur Bewertung und Nutzung von im Ausland erworbenen Qualifikationen geöffnet, vereinfacht und verbessert.
Vom 01. April 2012 bis 31. Dezember 2013 wurden laut Bericht zum Anerkennungsgesetz 2015 des Bundesministerium für Bildung und Forschung 26.466 Anträge auf Anerkennung einer im Ausland erworbenen Berufsqualifikation nach dem Anerkennungsgesetz des Bundes gestellt. Diese wurden fast alle mit Feststellung der vollständigen oder teilweisen Gleichwertigkeit der ausländischen Berufsqualifizierung beendet. Vor dem Hintergrund wachsender Zuwanderungs- und Flüchtlingszahlen ist von einem steigenden Bedarf auszugehen.
Anwendungsbereich
Das Anerkennungsgesetz des Bundes lässt sich zunächst auf Berufe im Zuständigkeitsbereich des Bundes anwenden. Hierbei werden reglementierte und nichtreglementierte Berufe unterschieden. Reglementierte Berufe dürfen nicht ohne staatliche Zulassungsverfahren und ohne Anerkennung der Berufsqualifikation ausgeübt werden. Die Gleichwertigkeit des ausländischen Berufsabschlusses mit dem deutschen Abschluss ist damit Voraussetzung dafür, in diesem Beruf zu arbeiten oder sich selbstständig zu machen.
Durch das Gesetz können erstmalig Abschlüsse in nicht-reglementierten Berufen anerkannt werden. Dieses betrifft im Wesentlichen die Abschlüsse der anerkannten Ausbildungsberufe des dualen Systems. In diesen ist keine formelle Anerkennung eines Abschlusses notwendig, um sich bewerben und arbeiten zu dürfen. Mit dem neuen Gesetz ergibt sich die Möglichkeit, die im Anerkennungsverfahren festgestellten Lücken zu dokumentieren und durch Anpassungsqualifizierungen zu schließen. Das Verfahren dient somit auch als Transparenzinstrument, das dem potentiellen Arbeitgeber die Einschätzung der Fähigkeiten und Kenntnisse des Arbeitnehmers ermöglicht und damit die Arbeitsplatzchancen erhöht.
Nicht vom Anerkennungsgesetz erfasst werden neben den Länderberufen schulische Abschlüsse, Hochschulzugangsberechtigungen und die Anerkennung von Studien- und Prüfungsleistungen. Das Gesetz gilt nur für Hochschulabschlüsse, die zu reglementierten Berufen führen, wie Ärzt_innen, Anwälte und Apotheker_innen. Für ausländische Hochschulabschlüsse die nicht zu einem reglementierten Beruf führen, wie Mathematiker, Ökonom, Journalist, ist kein Anerkennungsverfahren möglich. Es gibt jedoch die Möglichkeit, eine individuelle Zeugnisbewertung bei der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB) zu beantragen. Zuständig für Hochschulzugangsberechtigungen oder für die Anerkennung von im Ausland erworbenen Studien- und Prüfungsleistungen ist die entsprechende Hochschule; für die schulische Anerkennung die Zeugnisanerkennungsstellen der Länder.
Für Berufe im Zuständigkeitsbereich der Länder wie Lehrer, Ingenieure und soziale Berufe gibt es seit Mitte 2014 in allen Bundesländern eigene Gesetze. Eine in der Kultusministerkonferenz koordinierte und abgestimmte Musterregelung sollte ein länderübergreifend weitgehend einheitliches Anerkennungsverfahren sichern. Dennoch gibt es große Unterschiede, wie und welche Berufe auf Grundlage der jeweiligen Landesgesetze anerkannt werden.
Ablauf der Überprüfung der Gleichwertigkeit
In einem gesetzlich geprüften und möglichst einheitlichen Verfahren soll geprüft werden, ob die Ausbildung mit einer vergleichbaren deutschen Ausbildung gleichwertig ist und ob berufliche Anerkennung bestätigt werden kann. Der Antrag kann auch im Ausland gestellt werden. Zudem ist die Möglichkeit zur Antragsstellung unabhängig von Staatsangehörigkeit und Aufenthaltsstatus. Voraussetzung ist lediglich ein erfolgreich im Ausland erworbener Berufsabschluss und ein Nachweis, der die Absicht in Deutschland zu arbeiten belegt. Der Antrag wird für die reglementierten Berufe bei der Landesbehörde gestellt, die für die jeweilige Berufsgruppe zuständig ist. Bei den nichtreglementierten Berufen sind die Kammern zuständig. Das Verfahren sollte in der Regel in drei Monaten abgeschlossen sein. Die bei dem Verfahren anfallenden Kosten werden von der jeweils zuständigen Stelle (Länder oder Kommunen) festgelegt und sind abhängig vom individuellen Aufwand für die Durchführung der Verfahren. Antragssteller, die arbeitssuchend gemeldet sind oder Sozialleistungen beziehen, können die Kosten unter bestimmten Voraussetzungen z.B. von der Agentur für Arbeit oder dem Jobcenter erstattet bekommen.
Nach Einreichung der Unterlagen wird geprüft, ob wesentliche Unterschiede in Inhalt, Dauer und Kenntnisse zwischen der im Ausland erworbenen Berufsqualifikation und dem deutschen Berufsabschluss bestehen. Werden keine wesentlichen Unterschiede festgestellt, wird vollständige Gleichwertigkeit bescheinigt bzw. bei reglementierten Berufen die Zulassung erteilt (Gleichwertigkeitsbescheinigung).
Werden wesentliche Unterschiede festgestellt, aber auch vergleichbare Inhalte (teilweise Gleichwertigkeit), wird dies in einem Bescheid dargestellt und überprüft, ob diese Unterschiede durch andere Nachweise oder durch Berufserfahrung ausgeglichen werden kann. In reglementierten Berufen sind formalisierte Ausgleichsmaßnahmen wie Anpassungsqualifizierungen oder Eignungsprüfungen vorgesehen, um Unterschiede auszugleichen und volle Gleichwertigkeit zu erlangen. . In nicht-reglementierten Berufen ist die Gleichwertigkeit des Abschlusses nicht zwingend notwendig, um den Beruf auszuüben. Hier erhalten die Antragssteller einen Bescheid, der die Unterschiede genau beschreibt, welcher beim Arbeitgeber vorgelegt werden kann oder mittels dessen eine passende Weiterbildung ausgesucht werden kann.
Liegen Nachweise nicht oder nicht ausreichend vor, besteht die Möglichkeit eine Qualifikationsanalyse in Form von Arbeitsproben, Prüfungen und Sachverständigengutachtern durchzuführen.
Besteht keine Gleichwertigkeit oder konnte der Sachverhalt nicht aufgeklärt werden, so wird der Antrag abgelehnt.
Weitere Informationen
Professionelle Beratung auch über alternative Wege spielt eine zentrale Rolle im Anerkennungsprozess. Hierzu werden sehr umfangreiche und mehrsprachige Angebote zur Information und Beratung bereitgestellt. Die drei zentralen Informationsportale zum Thema Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen bilden das BQ-Portal, Anerkennung in Deutschland sowie die Datenbank anabin.
Das zentrale Informationsportal der Bundesregierung zum Thema berufliche Anerkennung bildet die Website anerkennung-in-deutschland.de. Daneben bietet auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unter der Hotline „Arbeiten und Leben in Deutschland“ eine Erstberatung zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse. Unter der Telefonnummer +49 30 1815 1111 (übliche Kosten ins deutsche Festnetz) kann auf Deutsch und Englisch erfahren werden, ob der Beruf in Deutschland reglementiert ist, wer die zuständige Stelle für das Anerkennungsverfahren im jeweiligen Beruf ist, wie das Verfahren funktioniert und welche Unterlagen benötigt werden. Auf anabin.kmk.org wird eine Datenbank zu im Ausland erworbenen Abschlüssen bereitgestellt.
Die Seite make-it-in-germany.com richtet sich an noch im Ausland befindende Zuwanderer mit der Absicht, in Deutschland zu arbeiten.
Als Kooperationspartner vor Ort stehen die regionalen Netzwerke des Bundesprogramms „Integration durch Qualifizierung – IQ“ zur Verfügung. Dort arbeiten mit Migrations- und Anerkennungsfragen befasste Akteure regional zusammen. Als Erstanlaufstelle bieten sie erste Orientierung für das Anerkennungsverfahren und verweisen an die zuständigen Stellen, siehe hierzu netzwerk-iq.de.
Weiterführende Informationen zum Anerkennungsgesetz
Kontakt:
Claudia Karstens
Referentin für Migrationssozialarbeit
Der Paritätische Gesamtverband
Oranienburger Straße 13-14
10178 Berlin
Tel.: 030 246 36-406
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